Porsanger – Auf Wiedersehen Norwegen

Wir wollen uns nicht über das gute Wetter beschweren, aber es ist unglaublich warm. Nicht nur für Nordnorwegen. Die Rentiere suchen auch überall Abkühlung, wir sind froh, wenn wir im meist einzigen Supermarkt weit und breit mal ein Eis bekommen. Auf unserem Weg Richtung Süden kommen wir unweigerlich zum Nordkapp-Tunnel. Der ist, wie bereits erzählt, unter den Radreisenden ein großes Thema, sobald man sich dem Nordkapp nähert. Da er unter dem Meer hindurch führt, geht es erst über 200 Höhenmeter runter, dann aber auch wieder gut 200 Höhenmeter hoch mit einer Steigung von bis zu 10 %. Vielen Radfahrern ist das sehr unangenehm, vor allem bei viel Verkehr, weil es keinen Fahrradstreifen gibt. Manche wollen den Tunnel gar nicht fahren und nehmen stattdessen den Bus. Wir hatten die letzten Tage das Gefühl, dass morgens der Verkehr deutlich weniger ist. Also zelten wir auf dem Rastplatz direkt vor dem Tunnel und wollen ihn am nächsten Morgen in Angriff nehmen. Doch als wir gerade in den Tunnel fahren wollen, werden wir angehalten, der Tunnel sei geschlossen. Die zwei Männer erklären, dass es eine Blockabfertigung geben wird und nach etwas hin und her gefunke mit ihrem Vorgesetzten, dürfen wir einfach in den Tunnel einfahren. Wir sollen uns nur immer auf der anderen Fahrbahn halten, wenn die Kolonne kommt. Wir haben also den Tunnel komplett für uns allein. Bis auf die drei Kolonnen, die mit Führungsfahrzeug an uns vorbei fahren, mit einem Abstand von 5-10 Minuten. Manchmal muss man einfach Glück haben!

Weniger Glück haben wir allerdings mit dem Wind. Auf der anderen Seite des Tunnels bläst uns ein sehr starker Südwind entgegen, also genau aus der Richtung, in die wie fahren. Am Anfang unserer Tour hatten wir in Deutschland auch ganz schön viel Gegenwind und natürlich ist es auch in Norwegen mal windig gewesen, aber das ist eine andere Nummer. Wir kämpfen uns ein paar Kilometer vorwärts und entscheiden dann, nicht mehr weiter zu fahren. Wir wollten eigentlich mal wieder auf einen Campingplatz, um zu duschen, bis zum nächsten sind es aber noch über 60 Kilometer. Bei dem Wind fühlt sich das ganz schön weit weg an und morgen soll es wieder besser sein. Wir genießen also lieber den vielleicht letzten Sommertag hier oben und fahren eine kleine Landzunge raus. Am Ende des steinigen Weges finden wir eine einsame Bucht, wie für uns gemacht und etwas windgeschützt. Es ist erst halb 10, so früh haben wir unser Zelt noch nie aufgebaut. Aber das Zelt spendet angenehmen Schatten, während die Sonne vom Himmel brennt. Eine Sache fehlt allerdings: Frischwasser. Yann zieht noch mal los und findet einen kleinen Fluss, den wir auf der Karte gesehen hatte. Wir haben in Norwegen schon viel Wasser unbehandelt aus Bergflüssen getrunken, aber hier sind so viele Rentiere unterwegs, dass uns das doch zu heikel ist, also wird gefiltert.

Von unserem Platz in der Bucht sehen wir mehrfach am Tag Delfine vorbei schwimmen, ein Mal sogar richtig nah am Ufer, aber bis wir vorne am Wasser sind, sind sie leider schon wieder weiter weg. Wie wir hier so in der Sonne sitzen, könnte man meinen, wir seien in Südeuropa, am Mittelmeer, so heiß ist es. Wir sind froh, dass das Zelt ein bisschen Schatten spendet. Einzig die eisigen Temperaturen des Meeres, in dem wir es nur ganz kurz aushalten, und die Rentiere, die ab und zu in einiger Entfernung vorbei laufen, machen deutlich, das wir hier in Norwegen sind. Bei unserem Abendspaziergang auf eine Anhöhe sehen wir einige Robben unten im Wasser und vermutlich auch ein paar Grindwale. Ein Seeadler fliegt davon, als wir uns auf die Felsen setzen. Hier vorne auf der Landzunge hat mal eine Verteidigungseinheit der Deutschen im zweiten Weltkrieg gestanden. Als sie die Stellung verlassen haben, haben sie alles in die Luft gesprengt, die Trümmer liegen immer noch genau so da. Schon ein komisches Gefühl, hier draußen in der Natur, so weit weg von Deutschland, immer noch die Spuren des Krieges zu sehen…

Am nächsten Tag hat sich der Wind beruhigt und etwas wehmütig verlassen wir “unsere” Bucht. Die Landschaft bleibt eher karg, Rentiere blockieren hin und wieder den Verkehr und wir sehen noch Mal Delfine, ganz nah am Ufer. Sie schwimmen hin und her, scheinen teilweise zu spielen. Das sind so faszinierende Tiere und wir können uns nicht satt sehen.

In Olderfjord gibt es dann die längst überfällige Dusche auf dem leider nicht so schön gelegenen Campingplatz und wir können im winzigen Supermarkt an der Tankstelle ein paar Lebensmittel einkaufen. Wie so oft in den kleinen Läden in Norwegen, die meist auch gleichzeitig Café und Treffpunkt sind, gibt es frische Waffeln, die hier richtig gut sind, mit Brunost und Marmelade. Wir fragen uns, wie viele Waffeln hier wohl jeden Tag den Laden verlassen, alleine in unserer Anwesenheit läuft eigentlich jeder Norweger mit einer Waffel in der Hand aus dem kleinen Laden. Auch am nächsten Morgen können wir nicht widerstehen und gönnen uns ein zweites Frühstück, bevor es weiter Richtung Süden geht. Es wachsen jetzt immer mehr Birken neben der Straße, die Landschaft ist nicht mehr so karg. Es dauert nicht lange, da müssen wir uns vom Meer verabschieden. Schon etwas komisch, nachdem wir die letzten Wochen eigentlich durchgehend in der Nähe des Meeres geradelt sind. In Lakselv gibt es ein letztes Mal unser Lieblingseis hier in Norwegen mit 80 % Frucht. Dann geht es in die bewaldeten Hügel hinein.
Wir haben schon damit gerechnet, aber doch irgendwie gehofft, dass es nicht so schlimm wird, wir sind jetzt voll im Mückengebiet angekommen. Fürs Erste haben wir noch Glück und können dank Wind und AntiBrumm relativ in Ruhe kochen und essen, aber später noch mal kurz raus aus dem Zelt und auf Toilette gehen ist schon eher todesmutig… Wir sind gespannt, wie sich das weiter entwickelt und wie wir damit zurecht kommen.

Dann kommen die letzten Kilometer Richtung Karasjok und finnischer Grenze. Es geht leicht hügelig durch die niedrigen Birkenwälder, ab und zu erhaschen wir ein bisschen Ausblick über die Täler, Flüsse und kargen Berge am Horizont. In Karasjok besuchen wir das Sami-Museum, was viele alte Handwerksgegenstände der Sami zeigt und einiges zu ihrer Lebensweise und Traditionen erklärt, aber insgesamt macht es doch eher einen veralteten Eindruck. Sonst gibt es in Karasjok nicht viel, die ganze Gegend macht auf uns schon eher einen einsamen und einfachen Eindruck, auch wenn beim einzigen Supermarkt weit und breit ganz gut Betrieb ist. Ein letztes Mal einkaufen in Norwegen, bevor es über die Grenze nach Finnland geht. Ein paar Lebensmittel werden wir wohl doch vermissen, auch wenn wir gespannt sind, was die Supermärkte in Finnland zu bieten haben!
Fast zwei Monate waren wir jetzt in diesem Land unterwegs und haben vermutlich mehr gesehen als von Deutschland. Und trotzdem gibt es noch so viel zu entdecken, wir werden sich wieder kommen, Tamina sowieso ohne Zweifel!

4 Antworten zu „Porsanger – Auf Wiedersehen Norwegen“

  1. Avatar von Maryvonne.spaeth@t-online

    Wir sind mlt Euch unterwegs…Begeistert.u warten auf euer nächste Abenteuer.Yann kann auf die nächste Herausforderung auf seine bretonische Genen( uropa aus Guilvinec).rechnen..

    1. Avatar von Yann

      Oh ja, die werden sehr nützlich sein! 😉

  2. Avatar von Magda & Cay

    Hi Tamina und Yann, was für eine beeindruckende Reise! Cay und ich lesen uns wechselseitig Eure tollen Berichte vor, verfolgen Eure Route und schauen uns gemeinsam die Foto‘s an. Auf diese Weise sind wir auch ein wenig „dabei“. Danke! Euch weiterhin viel Spaß, neue Entdeckungen und Erlebnisse und möglichst wenig Mücken! 🫣 LG Cay & Magda

    1. Avatar von Tamina

      Liebe Magda, lieber Cay, so schön, das zu hören! Ich glaube, die Mücken hätten schlimmer sein können… 😉

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