Austvågøya – Perspektivwechsel

Nach einem Tag eher bedecktem Wetter und ein paar Regenschauern ist das Wetter wieder traumhaft, als wir nach Henningsvær radeln. Die Straße schlängelt sich zwischen steilen Felsen auf der einen Seite und wunderschönem Wasser mit kleinen Inseln auf der anderen Seite bis an den Südzipfel der Insel Austvågøya. In den Parkbuchten vor dem kleinen Ort tummeln sich schon die Autos und Wohnmobile, aber der Betrieb im kleinen Ort hält sich zum Glück noch in Grenzen. Wir statten Taminas Lieblingskaffee einen Besuch ab und gönnen uns draußen im Schatten ein Stück Kuchen.
Unsere Räder haben wir auf der gegenüberliegenden Straßenseite geparkt, damit sie nicht im Weg stehen, und nicht abgeschlossen, wir haben sie ja direkt im Blick. Wir beobachten mit Schmunzeln die vielen Passanten, die vor den voll bepackten Rädern stehen bleiben und sie neugierig begutachten. Witzigerweise kommt keiner auf die Idee sich nach den Besitzern der Räder umzuschauen, die ja zwangsläufig in der Nähe sein müssen. Ein älterer Herr macht sogar ein Foto von den Rädern und als er tatsächlich versucht Yanns Fahrrad hoch zu heben, um zu testen, wie schwer es ist, müssen wir lachen. Er bekommt es nicht vom Boden weg…

Schon bevor wir in Tübingen losgefahren sind, waren wir uns einig, dass wir hier oben gerne ein bisschen Kajak fahren gehen wollen. Eigentlich am liebsten alleine und vielleicht auch über Nacht, aber tatsächlich braucht man hier überall den Europäischen Paddel Pass, um Kajaks ohne Guide mieten zu können, und den hat leider nur Tamina. Also machen wir wenigstens eine dreistündige Tour mit Guide in und um Henningsvær. Es ist noch ein anderes Paar aus England dabei.
Die Insellandschaft bei Henningsvær ist unglaublich schön, wir paddeln in der Nachmittagssonne durch die Schären und unser Guide erzählt uns ein bisschen was zum Leben und der Geschichte von Henningsvær. Er führt uns auch zu einer felsigen Insel, auf der ein Seeadlerpaar sein Nest hat. Was für beeindruckende Vögel! Wir beide haben noch nie einen Seeadler mit solcher Ruhe aus der Nähe beobachten können. Toll!

In der Abendsonne radeln wir aus Henningsvær wieder raus und suchen uns einen Platz für unser Zelt in der Sonne auf einer kleinen Landzunge nahe der Straße.

Das schlechte Wetter kündigt sich mit starkem Wind an, der jedoch immer wieder etwas dreht, so dass wir zumindest in der zweiten Tageshälfte weitgehend Rückenwind haben. In Svolvær, der größten Stadt auf den Lofoten, kaufen wir ein und essen ein Eis am Wasser, noch ist es warm! Wir sind froh, als wir dann etwas später endlich die E10 verlassen können und sofort der Verkehr nachlässt. Der nächste Stopp ist schon geplant: im Kaffee “På Kaikanten” im beschaulichen Laukvika, wo Tamina mit ihrem Vater im März bereits war. Endlich gibt es mal frische Waffeln mit Brunost (norwegischer Braunkäse), Rømme (in etwa Crème fraîche) und Syltetøy (Marmelade) – ganz typische norwegisch und bis jetzt bei uns definitiv zu kurz gekommen!

Mit entspannten 30 km/h geht es weiter die Küste entlang, so ein bisschen Rückenwind macht schon richtig Spaß! Die Regenwolken sind uns dicht auf den Fersen, hängen aber wohl noch an den Bergen fest. Am Morfjorden haben wir das große Glück, bei Cecilie unterkommen zu können, die Tamina im März hier auf Skitour getroffen hat und die uns zu sich eingeladen hat. Leider ist sie selbst gerade zum Windsurfen auf Rhodos, aber das hält sie nicht davon ab uns in ihr traumhaftes Häuschen einzuladen. Es liegt direkt am Wasser, mit Blick auf Berge und Meer. Ein kleiner Bach schlängelt sich durch das Grundstück, die grüne Wiese geht bis runter an den kleinen Strand zwischen den Felsen – unglaublich schön! Es reicht gerade noch für ein kurzes Bad im Fjord, dann ist der Regen da. Aber bei so einer guten Aussicht und gemütlich im Warmen, macht uns das heute gar nichts aus…

Cecilie hat uns auch angeboten ihre Kajaks zu nutzen und obwohl das Wetter am nächsten Tag noch nicht wieder besser ist (sondern frisch und bewölkt mit vereinzelten Schauern), wollen wir die Gelegenheit nutzen und paddeln durch den Fjord entlang der karibischen Strände mit Blick auf die wolkenverhangenen Berge. Es gefällt uns so gut hier, dass wir am Ende, anders als geplant, doch noch eine weitere Nacht bleiben. Kaum zu glauben, dass wir hier immer noch auf den Lofoten sind, obwohl es so ruhig und so fernab von Trubel und Tourismus ist. Wenn jetzt noch das Wetter richtig gut wäre, würden wir hier wahrscheinlich gar nicht mehr wegkommen…

Heute, am 23. Juni, wird in Norwegen Sankt Hans gefeiert, Mittsommer. Die letzten Tage haben wir immer wieder größere Holzhaufen gesehen, du zusammengesammelt wurden, um heute ein großes Lagerfeuer zu entzünden. Auch die Familie aus Oslo im Nachbarhaus, die gerade ihre Ferien hier oben verbringt, hat abends angefangen Holz am Strand aufzuschichten. Wir bleiben extra wach und warten darauf, dass das Feuer entzündet wird. Erst gegen halb 12 gehen sie trotz des ungemütlichen Wetters zum Strand und machen das Feuer an. Wir gesellen uns ein wenig dazu und verbringen eine sehr nette Stunde am Lagerfeuer…

5 Antworten zu „Austvågøya – Perspektivwechsel“

  1. Avatar von Patrick Späth

    Liebe Tamina, lieber Yann,
    wir würden auch gerne dort hin wo ihr seid. Und Jona würde gern mit euch Fahrrad fahren. Und ich hoffe, dass ihr gut durchkommt und eine schöne Zeit habt. Wir freuen uns auf mehr Tagebücher und Fotos,
    Liebe Grüße von Jakob, Jona, Annekathrin und Patrick

  2. Avatar von Vot

    Es ist so schön Eure Berichte zu lesen und die vielen schönen Fotos zu sehen. Wir folgen Euch in Gedanken und wären oft gerne bei Euch, speziell wenn Ihr gutes Wetter habt.
    Liebe Grüße,
    Euer alter Vot

    1. Avatar von Tamina

      Lieber Vot, das freut uns sehr! Ich denke auch immer wieder mit Freude an unsere Hurtigrutenreise.
      Bis bald, deine Tamina

  3. Avatar von Silke

    Guten Morgen liebe Tamina und lieber Yann,
    bei dieser Frühstückslektüre kam richtig Ferienstimmung auf. Danke, dass Ihr so regelmäßig schreibt und Fotos teilt!
    Herzliche Grüße
    Silke

    1. Avatar von Tamina

      Wie schön! Bei dem guten Wetter sind wir gerade auch richtig in Urlaubsstimmung 🙂

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