Hier oben liegt tatsächlich noch richtig Schnee und in Geilo sehen einige Leute so aus, als würden sie gerade vom Wintersport kommen, einer fährt mit Skistiefeln und Skiern auf dem Rücken mit dem Rad an uns vorbei. Es ist kalt und windig und geht immer wieder über Bergrücken. Beim Hochfahren wird es warm, bei der Abfahrt wieder kalt, egal wie warm wir uns anziehen.
Unserer favorisierte Route geht weiter auf der Nasjonal Sykkelrute 4, auf dem Rallarvegen. Der wohl bekannteste Fahrradweg von Norwegen führt am Rande des Hardangervidda von Haugastøl durchs Gebirge bis nach Flåm am Sognefjord, dem längsten Fjord Norwegens. Der Weg wurde ursprünglich gebaut, um die dort verlaufende Bahnstrecke bauen zu können. Heute fahren dort keine Autos und auch in der Nähe gibt es keine Straßen, überall Natur pur! Da auf dem Hardangervidda im Winter viel und im Frühling noch lange Schnee liegt, ist die Route oft erst im Juli offiziell freigegeben. Trotzdem hatten wir ein Fünkchen Hoffnung, dass wir die Schotterstraße (zumindest teilweise) fahren können. Aber wir sind eben doch zu früh im Jahr unterwegs. Das wird uns immer mehr bewusst, je näher wir dem Rallarvegen kommen. Wir wollen trotzdem ein bisschen Rallarvegen-Luft schnuppern und die ersten 10 km sind wohl geräumt. Also entscheiden wir uns dazu, dort auf den ersten Kilometern einen Platz für die Nacht zu suchen und am nächsten Tag zurück zum nächsten Bahnhof in Haugastøl zu fahren um von dort den Zug nach Myrdal zu nehmen, ab Myrdal ist der Rallarvegen wohl wieder fahrbar. Die Landschaft ist beeindruckend, leider windet es und je weiter wir ins Gebirge des Rallarvegen kommen, desto mehr zieht es zu und regnet auch etwas. Aber wir finden einen schönen Platz für unser Zelt mit einigermaßen trockenem Boden, wo wir das Zelt gut abspannen können. Und wir haben Glück, wir sind gerade noch vor den hohen Bergen, in denen die Wolken drin hängen und die Sonne kommt tatsächlich noch raus, so dass wir in der Sonne unser Chili con Carne kochen und essen können. Damit hätten wir heute Mittag nicht gerechnet, dass wir noch so einen „gemütlichen“ Abend haben werden!
Der Wind nimmt immer mehr zu, vor allem die Böen werden ziemlich heftig. Yann geht um halb 12 noch mal raus um das Zelt besser abzuspannen. Die Nacht wird etwas unruhig, aber das Zelt hält dem Wind super stand! Am Morgen schneit es sogar ein Bisschen. Dann machen wir uns auf den Weg zum Bahnhof in Haugastøl.
Die 50 Minuten Zugfahrt gehen schnell rum, aus dem Fenster haben wir schöne Blicke auf die Schneelandschaft. Nur an ein paar wenigen Stellen schauen 1-2 Meter des Rallarvegen raus, es wird wohl noch ein paar Wochen dauern, bis er fahrbar ist.
Als wir in Myrdal aussteigen, ist Schneesturm! Aber auf den „Myrdalsvingene“ verlieren wir schnell an Höhe und sind ein bisschen windgeschützter. Neben dem steilen Schotterweg, der sich in 21 Haarnadelkurven ins Tal hinunter windet, liegt oben noch Schnee und weiter unten stürzen sich die Wasserfälle ins Tal. Die Natur ist noch eher braun und farblos, es wirkt eher herbstlich als frühlingshaft. Aber das ändert sich schnell, als wir im Nieselregen das Tal Richtung Flåm hinunter sausen. Bei schönem Wetter wäre es hier sicher wunderschön, aber so zieht es uns doch eher runter nach Flåm auf den Campingplatz. Dort kommt später sogar noch ein bisschen die Sonne raus, unser Zelt steht unter blühenden Obstbäumen auf einer grünen Wiese, plötzlich sind wir wieder im Frühling angekommen – und in der Zivilisation mit vielen anderen Touristen…
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