Troms og Finnmark – Achtung Rentiere!

Hinter Tromsø wird es schnell ländlicher, wir radeln zwischen grünen Wiesen und kleinen Höfen, die direkt am Meer liegen. Hier werden die Wiesen noch bewirtschaftet und Heu gemacht, das hört jedoch bald auf und man kann zwar die alten Hofstrukturen noch erkennen, aber die Flächen werden nicht mehr bewirtschaftet, vermutlich lohnt es sich nicht mehr.

Bald tauchen in der Ferne die Lyngenalpen auf mit ihren schroffen Felswänden und ab und zu erhaschen wir einen Blick auf einen der Gletscher. Unsere Route führt über zwei Fähren und dazwischen ein Mal quer über die Lyngen Halbinsel. Die meisten Autofahrer scheinen aber die größere Straße ohne Fähren außen rum zu nehmen, denn bei uns hält sich der Verkehr in Grenzen, was sehr angenehm ist.

Das ändert sich leider schnell, als wir hinter Lyngen auf die E6 kommen. Es werden vor allem immer mehr Wohnmobile und Motorräder, die alle auf dem Weg ans Nordkapp sind. Inzwischen sind auch wieder Wolken aufgezogen und es geht ein frischer Wind. An einer Seitenstraße an einem Fjord finden wir ein ruhiges Plätzchen zum Zelten und haben sogar noch ein bisschen Sonne.

Dann kündigt sich (seit längerem) wieder Regen an, aber den kleinen Pass mit seinen 400 Höhenmetern dürfen wir noch im Trockenen fahren und oben sehen wir sogar eine große Herde Rentiere etwas entfernt. Als wir fast wieder unten am Meer sind, geht es los. Es ist zwar gerade erst Mittag, aber mit der Aussicht auf einen weiteren Anstieg und ordentlich Regen bis am Abend, flüchten wir lieber auf den nächsten Campingplatz und verbringen den Rest es Tages im Aufenthaltsraum mit Blick aufs Meer. Jenni und Ole, zwei Radler aus Berlin sind gerade am Aufbrechen, als wir ankommen und wir unterhalten uns kurz. Solche Begegnungen sind immer nett!

Die Strecke bis Alta ist nicht sehr spannend und es gibt viel Verkehr. Aber von unserem Übernachtungsplatz aus, kurz vor der Stadt, blicken wir auf eine kleine Bucht, in der wir während dem Frühstück ein paar Delfine entdecken.

In Alta besichtigen wir die bis zu 7000 Jahre alten Felszeichnungen etwas außerhalb der Stadt. Wirklich beeindruckend, was die Menschen damals mit ihren einfachen Methoden festgehalten haben. Mit etwas Fantasie kann man kleine Geschichten auf den Felsen entdecken, viele Rentiere sind zu sehen, aber auch Bären und Elche, Boote, Wale und Fische.

Alta selbst hat nicht viel zu bieten, selbst die Nordlichtkathedrale kommt uns vor, als wäre sie nur gebaut worden, um den Touristen eine Sehenswürdigkeit zu bieten. Als wir aus Alta rausfahren, sehen wir am Hurtigbåt-Kai die Fahrräder von Jutta und Wolfgang stehen, die wir nun schon zwei Mal getroffen haben und fleißig auf Komoot verfolgen, wo sie gerade sind. Wir müssen Hallo sagen, keine Frage, und stehen am Ende eine ganze Weile gemeinsam am Hafen und tauschen uns über die letzten und die kommenden Etappen aus. Irgendwann bringt uns der Hunger aber dazu, weiter zu fahren und nach einem kurzen Vesper nehmen wir den Anstieg auf das Fjell in Angriff. Es ist warm, die Straße steil und relativ viel Verkehr und dazu werden wir noch von Bremsen verfolgt. Wir sind froh, als wir endlich oben sind und dann auch noch einen geeigneten Zeltplatz etwas abseits der Straße gefunden zu haben. Der Blick über die weite Hochebene ist beeindruckend, wir halten nach Rentieren Ausschau, aber weit und breit ist keins zu sehen.

Am nächsten Morgen brechen wir extra früh auf, um etwas weniger Verkehr zu haben und tatsächlich ist es die erste Zeit noch schön ruhig auf der Straße und auch der Gegenwind hält sich noch in Grenzen. Wir genießen die Ausblicke und rollen an einem Fluss entlang und kommen langsam wieder weiter runter, wo auch wieder kleine Birken wachsen. An einem Rastplatz entdecken wir Ole und Jenni wieder, die dort übernachtet haben und gerade frühstücken. Wir setzen uns dazu, trinken gemeinsam Kaffee und essen eine Kleinigkeit. Während wir uns wieder verquatschen, fahren unglaublich viele Radfahrer mit Gepäck vorbei und winken. Verrückt, wie viel Fahrrad-Verkehr hier jetzt ist.

So nett es auch ist, schaffen wir es doch irgendwann uns wieder aufzuraffen und weiter zu fahren. Gerade haben wir noch mit den beiden darüber gesprochen, dass wir erwartet hatten hier Rentiere zu sehen, da tauchen schon die ersten rechts und links von der Straße auf. Wir hatten oben auf der Hochebene mit ihnen gerechnet, aber sie scheinen sich lieber hier unten zwischen den Birken und Hütten aufzuhalten und sind erstaunlich entspannt. Manchmal gibt es einen richtigen Stau, weil ein Rentier auf der Straße steht und keinen Grund sieht, sie zu verlassen. Anders als bei den Elchen, haben wir richtig Zeit sie uns aus dem Nahen genau anzuschauen!

Der “normale” Weg ans Nordkapp führt von Alta über das Fjell nach Olderfjord und von dort an der Küste des Porsangerfjords entlang nach Norden Richtung Honningsvåg. Die Nordkappinsel Magerøya, auf der auch Honningsvåg liegt, war früher nur per Fähre zu erreichen. Seit 1999 gibt es aber einen Tunnel, der unter dem Meer hindurch führt. Unter den Radfahrern ist dieser Tunnel berühmt berüchtigt, da es bis auf 212 m unter dem Meeresspiegel runter geht und dann mit etwa 10 % Steigung wieder hoch, ohne Fahrradstreifen und mit relativ viel Verkehr.
Der Verkehr hier oben hat auch uns beschäftigt, wir können das Fahrradfahren und die Landschaft nicht genießen, wenn die ganze Zeit Autos, LKWs und Wohnmobile teilweise sehr eng an uns vorbei brettern. Weil wir damit rechnen, dass auch auf der Straße zum Nordkapp viel Verkehr sein wird, haben wir uns eine andere Strecke rausgesucht. Es gibt eine Straße, die auf der Landzunge westlich des Nordkapps nach Norden führt, zum Ort Havøysund. Für Autofahrer ist dort Sackgasse, mit dem Fahrrad kann man aber mit den Hurtigruten-Schiffen einen Hafen weiter nach Honningsvåg fahren. Wir hoffen dort nicht nur auf weniger Verkehr, sondern umgehen so immerhin auf einem Weg den Nordkapp-Tunnel.

Die Straße nach Havøysund geht erst in Olderfjord ab, Komoot schlägt uns aber vor, schon vorher einen Weg zu nehmen, der eine ganze Ecke abschneidet. Allerdings weiß man hier immer nicht so genau, ob solche Wege wirklich existieren, oder ob sie vielleicht einfach hinter einer Hütte aufhören. Aber wir wollen weg von der stark befahrenen Straße und nehmen das Risiko umdrehen zu müssen in Kauf. Nach wenigen Metern wird die Schotterstraße zu einem ausgefahrenen Wiesenweg, manchmal sind die Spuren so tief, dass wir mit unseren Taschen stecken bleiben und wir müssen die Räder ab und zu über eine umgestürzte Birke heben, aber wir kommen vorwärts. Yann ist begeistert! Wir sind ganz in der Natur, es ist nichts zu hören außer der nahe Fluss und die Vögel.

Spannend wird es kurz bevor wir wieder auf die Straße kommen: der Weg führt über einen Fluss, auf den Karten ist keine Brücke eingezeichnet. Und tatsächlich lässt sich nur noch erahnen, wo vor vielen Jahren mal eine Brücke war. Ganz so spektakulär wie Yann sich das schon ausgemalt hatte, wird die Flussdurchquerung dann aber doch nicht. Das Wasser ist nicht tief, überraschend warm und wir können die Fahrräder ganz gut durch schieben. Trotzdem ein tolles Erlebnis, mal wieder so in der Natur unterwegs gewesen zu sein und nicht immer nur auf der Straße!

2 Antworten zu „Troms og Finnmark – Achtung Rentiere!“

  1. Avatar von Patrick Späth

    Hallo, wie habt ihr das Foto gemacht, als ihr durch den Fluss gelaufen seid – mit einer Drohne?
    Jona & Jakob

    1. Avatar von Tamina

      Ja, genau! Bei den anderen Blogbeiträgen könnt ihr teilweise auch Fotos entdecken, die mir der Drohne gemacht wurden. 😉

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